Sehr geehrter Autor,
für jemanden wie Sie, der offenbar das Kino zu lieben scheint, ist ihre Perspektive, die Sie in diesem Text zeigen, merkwürdigerweise unhaltbar einseitig und ohne Vorschläge für eine neue Art von Kino, das sie sich so sehr zu wünschen scheinen.
Die Filme der Berliner Schule setzen dem immer gleich erzählten, vorhersehbaren und stark anbiedernden Mainstream Kino etwas gewichtiges entgegen. Allein aus diesem Grund kann man diese Filme lieben. Im Vergleich zu den Filmen des Autorenkinos der 60er und 70er Jahre in Deutschland sind Sie auch für eine breite Masse zugänglich. Sicher sind diese Filme nicht einfach zu rezipieren und verlangen Geduld und ein Ohr für die leisen Töne. Dennoch hat die Berliner Schule eine Berechtigung da zu sein. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Produktionen, die sich nicht trauen den Zuschauer zu fordern, sich Ihm lediglich unterwerfen und zu nichts führen als Einheitsbrei und Vorhersehbarkeiten. Diese Stilrichtung versucht, genau wie die Dogma 95 Bewegung, das wahre Leben auf die Leinwand zurück zu bringen. Ein Anspruch den man als Filmemacher durchaus haben kann. Keine einfachen Lösungen können der Realität genügen.
Die Berliner Schule ist kein Kunstfilm. Es ist nichts weiter als der nüchterne Versuch das Leben in seiner Echtheit und Authentizität einzufangen und präzise wiederzugeben. Dabei ist das Bild, dass der Zuschauer zu sehen bekommt in keinster Weise eintönig und trist. Die Winde wehen stark, Emotionen kochen über, unvorhergesehenes passiert. Gerade die Liebe, welche Sie in der Darstellungsweise so stark kritisieren, ist in vielen Filmen der Berliner Schule besonders überzeugend inszeniert. Sehen Sie sich Barbara, Phönix oder Jerichow noch einmal genau an. Vielleicht fällt Ihnen auf das es nur die Liebe ist, die die Figuren antreibt. Liebe ist nicht nur Romanze. Sie ist auch das Kalkühl, der Wunsch zu sterben, die Möglichkeit zur Flucht oder das einzige was einen Menschen am Leben hält, selbst wenn Sie nicht erfüllt wird. Wie viele Menschen leben für die Liebe ohne sie einmal wirklich erlebt zu haben.. Sie ist für jeden etwas anderes. Diese unglaubliche Vielseitigkeit in der Darstellung der Charaktere ist ein großes Qualitätsmerkmal der Berliner Schule. Keine andere Stilrichtung im deutschen Film schafft es mit so wenig Dialogen ein derart wahrhaftiges Gefühl zu erzeugen. Liebe passiert einfach ohne Erklärung und viele Geigen.
Die größte Kunst ist es Facetten der Realität mit wenigen Mitteln genau zu beschreiben. Die Berliner Schule tut dies mit unglaublicher Genauigkeit.